âWir sind alle Migrantenâ
Am 23.5. lauschten die Schüler*innen der neunten Klassen den Erzählungen Mario Vollweilers und Roberto Frankenthals über das Schicksal ihrer aus Kirchheim geflohenen Familie und deren Emigrantenleben in Buenos Aires. Das Leben des erfolgreichen Fußballers und zweiten Sohnes der Familie Kurt Vollweiler, der als Meistertorwart selbst nach der Machtübertragung 1933 noch kurzzeitig für den VfB Kirchheim auflaufen sollte, machte die Unmenschlichkeit des Nationalsozialismus besonders anschaulich. Schließlich wurde er, wie alle anderen Familienangehörigen auch, aus der Stadtgesellschaft ausgeschlossen und 1938 nach der Reichspogromnacht sogar in das KZ Welzheim verschleppt. Allein seine Fähigkeiten als Buchhalter, die er bei der „Arisierung“ seines ehemaligen Betriebes einsetzen musste, ermöglichten eine Entlassung, auch wenn ihm seine Haftzeit von der SS noch in Rechnung gestellt wurde.
Auch das Schicksal des jüngsten Kindes, Ruth Vollweiler, die noch im Grundschulalter täglich mit dem Bus nach Göppingen pendeln musste, um überhaupt noch eine Schule besuchen zu können und Fritz Vollweilers, der 1938 erst 20jährig und ohne jede Spanischkenntnisse nach Argentinien auswanderte, bewegten die Anwesenden.
Am Ende der Diskussion, bei der die Schüler*innen zahlreiche Fragen stellen konnten, erinnerte Mario Vollweiler noch einmal an die Irrationalität rechter Erzählungen von einer vermeintlichen völkischen Gemeinschaft, die heute wieder Zulauf haben: „Wir sind alle Migranten.“ Ein Satz, der in der vielfältigen Schülerschaft des Schlossgymnasiums auf Zustimmung stieß. Angesichts des neuen Erstarkens der Rechtsextremen mahnte auch Roberto Frankenthal: „Eigentlich ist es fünf nach zwölf.“
Wir danken den beiden für ihren Besuch an unserer Schule. Am Nachmittag wurden die Stolpersteine für die Familie Vollweiler an der Schlierbacher Straße 36 eingeweiht. Roberto Frankenthal erinnerte noch einmal an die Unmenschlichkeit der Vertreibung. Für seine Stiefmutter und auch die Älteren sei Kirchheim immer die eigentliche Heimat gewesen.